Römerstraßenforschung

Schwerpunkt: Die römischen Fernstraßen im südöstlichen Bayern nach den schriftlichen Quellen des Itinerarium Antonini und der Tabula Peutingeriana

Nach dieser “klassischen” Interpretation verlief beispielsweise die Route der römischen Fernstraße von Salzburg nach Augsburg über Rosenheim (Pons Aeni), Helfendorf (Isinisca), Gauting (Bratananium) und Schöngeising (Ambra). Aber diese Wegführung ist nach heutigen Erkenntnissen nur schwer mit den Aussagen der schriftlichen Quellen zu vereinbaren: Ausschlaggebend für die Festlegung war eine erschlossene und gesicherte römische Straße durch den Hofoldinger Forst, mit der sich die Forschung sicher war, die behauptete Route zweifelsfrei mit eben dieser Trasse archäologisch beweisen zu können. Die Straße über Rosenheim ist aber weder an der Prämisse der kürzestmöglichen Trassenführung orientiert, noch sind die Entfernungen stimmig und keiner der lokalisierten Orte kann eine Namensverwandtschaft mit den Stationsorten der Itinerare vorweisen. Offensichtlich handelt es sich bei dieser römischen Straße über Rosenheim und Gauting demnach nicht um die in der Tabula Peutingeriana und im Itinerarium Antonini genannte Route von Iuvavum (Salzburg) nach Augusta Vindelicum (Augsburg), sondern um eine andere, uns dem Namen nach nicht bekannte römische Straße.

Es kann jetzt über einen neuen Ansatz gezeigt werden, dass diese römische Straße der Itinerare von Salzburg nach Augsburg über einen Pons Aeni bei Wasserburg und über die Orte Isen (Isinisca), Pretzen bei Erding (Bratananium) und Dachau (Ambra) nach Augsburg verläuft. Die neue Routenführung verbindet Ausgangs- und Zielort ohne “Umwege”. Die lateinischen Namen der Stationen Isinisca und Bratananium lassen sich nach den Erkenntnissen der wissenschaftlichen Namenkunde unschwer in den heutigen Ortsnamen von Isen und Pretzen wiederfinden und alle Distanzen entsprechen völlig den Angaben des Itinerarium Antonini. Diese Interpretation ist weitaus überzeugender und entspricht den Aussagen beider Itinerare. Itinerarium Antonini und Tabula Peutingeriana beschreiben eine identische Route zwischen Salzburg und Augsburg, darüber hinaus beweisen sie bereits hier ihren Charakter als authentische historische Quellen.

Der neue Ansatz geht primär von einer Analyse der beiden schriftlichen Quellen aus, archäologische Befunde werden nachgeordnet. Es gilt zu prüfen, wie genau die in den Itineraren beschriebenen Routen in Bayern die historische Wirklichkeit wiedergeben, d. h. inwieweit in diese Wegführungen die politischen, militärischen und infrastrukturellen Prämissen und Grundmuster römischen Straßenbaues in diesem Grenzgebiet des Reiches widerspiegeln.

Im Gefolge der Neuinterpretation der Salzburg-Augsburg-Route wurden auch die übrigen Itinerarienrouten im Bereich zwischen Iller und Salzach untersucht, auch hier zeigten sich Fehlinterpretationen der alten Forschung. Die Lagen der Stationsorte Summuntorium, Vallatum, Ad Novas und Coveliacas konnten jetzt plausibler und weitaus quellenkonformer lokalisiert werden. Insgesamt kann überzeugend dargelegt werden, dass dem römischen Fernstraßennetz eine pragmatisch ausgerichtete und realitätsbezogene Gesamtstruktur zugrunde liegt..

Hinter den soeben umrissenen scheinbar einfach zu ermittelnden Resultaten liegen jahrelange eigene Forschungsarbeiten mit umfangreichen Quellen- und Literaturstudien. Zur “Entschlüsselung” der lateinischen Stationsnamen waren einzelne Arbeiten aus dem Bereich der wissenschaftlichen Namenkunde sehr hilfreich. Die Forschungsergebnisse zu den römischen Fernstraßen in Bayern zwischen Iller und Salzach wurden in einer Gesamtdarstellung zusammengefasst und im Herbst 2007 als Buch der Öffentlichkeit vorgestellt:

Hans Bauer: Die römischen Fernstraßen zwischen Iller und Salzach nach den schriftlichen Quellen des Itinerarium Antonini und der Tabula Peutingeriana.  Neue Forschungsergebnisse zu den Routenführungen.
Utz Verlag, München 2007 (ISBN 978-3-8316-0740-2)

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